Geschichte der Pfarre

Geschichte der Pfarre

Geschichtliches der Pfarre Niederhollabrunn

HISTORISCHE QUELLENLAGE von ORTSCHAFT und KIRCHE
(entnommen der Festschrift anlässlich des Abschlusses der Renovierung der Pfarrkirche Niederhollabrunn, 1992, Dr. Ernst Lauermann)

Die älteste Nachricht von Niederhollabrunn ist 1113 im Saalbuch des Stiftes Klosterneuburg angeführt. Es werden ein "Thiemo und Pumhardes de Holerinbrunnen" und ein "Adiramus de Hollarenbrunnen" genannt. (1) Letzterer wird 1120 wieder als Schenkungszeuge erwähnt (2). Wann die Pfarre Niederhollabrunn gegründet wurde, ist aus den Quellen nicht genau ersichtlich. Die Gründung der Pfarre Stockerau dürfte in die Zeit zw. 1013-1039 fallen. Beide Pfarren müssen gemeinsam betrachtet werden. Beide sind Passauer Gründungen, das beweisen die Titelheiligen dieser Kirchen: St. Stephan war der Patron der Bischofskirche in Passau. Die Kirche von Stockerau ist auch St. Stephan geweiht und ist damit ein Beispiel des alten Brauches, nahe einer Stephanskirche eine zur Ehre des St. Laurentius zu bauen. Beide Heilige sind Diakone und Märtyrer gewesen (3). Weitere Beispiele sind St. Stephan Wien I und St. Laurentius Simmering, Kirchberg am Wagram und Bierbaum am Kleebühel (4). Somit kann also die Gründung der Kirche in Niederhollabrunn in die Nähe der Gründung der Kirche Stockerau angesiedelt werden. Dies untermauert weiters die Tatsache, dass in der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts die günstiger gelegene Kirche St. Laurentius in Niederhollabrunn der St. Michaelskirche auf dem Michelsberg den Rang abgelaufen hat. Um 1050 (5) gingen wahrscheinlich die Seelsorgepflichtigen an diese im Tal gelegene Kirche über. Als landesfürstliche Eigenkirche empfing die Michaelskirche nicht so große geistliche Unterstützung wie die passauische Niederhollabrunner Kirche (6). Die Pfarre muss also bereits seit längerer Zeit äußerst wirksam tätig gewesen sein.
Im 11. Jahrhundert verlagerte sich der Schwerpunkt der Besiedlung immer mehr in die Ebene. Niederhollabrunn wird schon 1135 als Pfarre "Holarbrunn" in einem Dokument des Markgrafen Leopold III. genannt (7). Die Urkunde ist in Greifenstein ausgestellt. Aus ihr ist zu entnehmen, dass Markgraf Leopold III. und seine Vorgänger die Zehentrechte über 13 Pfarren besessen haben. Gegen diese Rechte protestierte besonders Bischof Reginmar von Passau und mahnte ernstlich, die Zehente der passauischen Pfarren ihm zurückzugeben. Den Passauer Protesten wurde entsprochen und 12 von den 13 Pfarren zurückerstattet. Die 13. Pfarre - Neuburg - behielt der Markgraf und gab sie dem 1106 von ihm gegründeten Stift der Augustiner Chorherrn. Eine Urkunde von Friedrich II. vom Jahre 1241 bestätigt nochmals diese neuen Besitzverhältnisse und das Recht des Bischofs von Passau über die 12 Pfarren. Seitdem gehört die Pfarre Niederhollabrunn dem Bistum Passau. Auch Friedrich II. von Hohenstaufen (1194-1250) hatte die Pfarre Niederhollabrunn als Lehen besessen. König Ottokar II. von Böhmen schenkte am 6.2.1262 die Pfarre Niederhollabrunn wieder Passau zurück, um Streitigkeiten zu vermeiden. 1277 gab Rudolf I. von Habsburg die Pfarre ausdrücklich an Passau zurück. Laut einer Urkunde vom 10.3.1341 umfasste die Pfarre Niederhollabrunn folgende Orte: Herzogbirbaum, Maysbirbaum, Nursch, Plintendorf, Ottendorf, Pastbrunn, Netzt, Hangenast, Velabrune, Bruderndorf, Weilnsdorf und Charnabrunne.
Bis zum Jahr 1789 war nun die Pfarre Niederhollabrunn dem passauischen Domkapitel übertragen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde die bereits stark baufällige Pfarrkirche abgerissen. Die starke Baufälligkeit beweisen zahlreiche Ausbesserungsarbeiten; so 1690, wo Maurermeister von Langenlois, Stockerau und Korneuburg hier waren, um den baufälligen Kirchenpfeiler zu besichtigen. 1691 wurden 10 Klafter Steine für den großen Pfeiler an der Kirche benötigt 1700 war wieder eine größere Bauherstellung. 1718 begann der Neubau nach Plänen des Passauer Hofbaumeisters Domenico Angelis. Die Bauarbeiten wurden von Jakob Öckl durchgeführt. So entstand der mächtige barocke, kreuzförmige Zentralbau, den wir heute vor uns haben.

Quellen:
(1) A. Klaar, Rom. Kunst in Österreich, Krems 1964, 273.
(2) R. Feuchtmüller, Rom. Kunst in Österreich, krems 1964, 235.
(3) F. Berg, Innenrestaurierung der Pfarrkirche in Unterfrauenhai, Burdneland, Österr. Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege XXXV 3/4, 1981, 132 ff.
(4) G. Melzer, Archäologisch - bauhistorische Untersuchungen in drei romanischen Kirchen in NÖ, FÖ 20, 1981, 95 ff.
(5) G. Melzer, Archäologisch-bauhistorische Untersuchungen in der Stadtpfarrkirche St. Stephan zu Horn, NÖ, FÖ 22, 1983, 19 ff.
(6) H. Mitscha-Märheim, die Kirche zum Hl. Veit in Michelstetten, Unsere Heimat, 47, 1976, 165 ff.
(7) H.R. Sennbauer, Vorromanische Kirchenbauten, Katalog der Denkmäler bis zum Ausgang der Ottonen, 1976, 72, 80 und 254.

 

Erkenntnisse durch die RENOVIERUNG von 1989-1992

Die heutige malerische Ausgestaltung der Kirche stammt aus dem Jahre 1865. Sie ist also keine Originalfassung.
In den Jahren von 1989-1992 wurde die Kirche innen renoviert, saniert und trockengelegt, indem sie horizontal durchgeschnitten und isoliert wurde. Während man von Seiten des Bundesdenkmalamtes zunächst eine Rückführung in die Gelbtöne des Barock ins Auge gefasst hatte, wurde dann doch die spätklassizistische Fassung beibehalten.

Im Rahmen der Renovierung ergab sich auch die Möglichkeit, die Spuren der Vorgängerbauten zu untersuchen und sicherzustellen. Die Funde gehen mehr als 5000 Jahre zurück. Der Kirchenberg war sicher schon 3500 v. Chr., also in der Jungsteinzeit, besiedelt. Holzreste weisen darauf hin, dass schon vor dem Jahr 1000 eine (wahrscheinlich slawische) Holzkirche an dieser Stelle errichtet war.
Die romanische Kirche hatte für die Zeit kurz nach 1000 schon sehr große Ausmaße. Die Seitenmauern des rückwärtigen Teiles der Barockkirche stehen auf den alten romanischen Fundamenten. Die Kirche ging nach hinten bis zum Beginn des heutigen Chores und wurde gegen Westen hin von einem Wehrturm überragt. Die vordere Apsis reichte bis in den heutigen Altarraum hinein. In der Mitte des 15. Jahrhunderts wurde dann der rückwärtige Teil der Kirche von einer Brandkatastrophe heim gesucht. Die damalige flache Holzdecke wurde ein Raub der Flammen, ebenso wie der rückwärtige Teil und die umliegenden Gebäude.
So wurde die Kirche nach hinten verlängert, die Kirche gotisiert und ein neuer Wehrturm errichtet (das ist der heutige untere Teil des bestehenden Kirchturms). Durch einen Zufall sind wir auch bei den Ausgrabungen auf einen Grabstein gestoßen, der nun hinten an der Südwand montiert ist. Der dort angeführte Steinmetz Georg Hackl, der unter der Orgelempore seine letzte Ruhe gefunden hat, dürfte der Steinmetz gewesen sein, der bei der Gotisierung das Kreuzrippengewölbe eingezogen hat. (Die Steine der alten Kirche wurden aber zur Gänze in die Barockkirche eingebaut.)